Donnerstag, 28. Oktober 2021

Gen-Abfall

 Oder: FAP bestimmt mein Leben


Ich war klein, selbst heute weiß ich nicht genau wie alt und ich habe nie nachgefragt, aber ich habe geschätzt, so um die acht Jahre alt, denn in dem Jahr fuhr ich das erste mal ins Ferienlager und war mit Abstand die Jüngste. Es gab Diskussionen, ob ich überhaupt mit kann, in dem Alter, daher habe ich es so rekonstruiert, aber wissen, wissen kann ich es nicht. Das ist ein schwieriges Alter für Erinnerungen. Vieles ist verschwommen, große Lücken, alles was durcheinander.
Eins weiß ich noch genau. Ich saß mit meiner Mama bei ihrem Frauenarzt. Es ging nicht anders, ich mußte mit und so saßen wir da im Wartezimmer, wobei meine Mama nicht wirklich saß, eher kauerte sie, denn vor lauter Schmerzen konnte sie nicht sitzen und sie schwitzte und sah gar nicht gut aus. Ich habe bis heute die wütende Stimme meines Vaters im Ohr, wie man sie in dem Zustand überhaupt ins Wartezimmer setzen konnte, sei ihm unbegreiflich und er schimpfte ewig darüber und aus heutiger Sicht, ist es mir auch ein totales Rätsel, denn sie schwitzte, krümmte sich vor Schmerzen und war zu nichts in der Lage, dennoch saßen wir da echt lange.
Kinder sind nicht dumm, sie wissen, wenn etwas wirklich schlimm ist und ich wußte damals auch, dass meine Mama wirklich schlimm krank sein musste. Als wir endlich dran waren, ging es auch ganz schnell. Ich glaube, er hat sie nicht einmal ordentlich untersucht, kaum abgetastet oder so, er schickte sie direkt ins Krankenhaus. Meine Mama hasste Krankenhäuser, das haben wir gemeinsam und noch einiges mehr und sie diskutierte noch mit ihm darüber und wollte nicht mit dem Krankenwagen mitgenommen werden und erklärte, dass das wegen mir nicht ginge und dass sie erst noch heim möchte und was weiß ich nicht, was sie noch alles vorgebracht hatte und das, obwohl sie nicht einmal mehr richtig laufen konnte. An der Stelle habe ich einen Riss. Ich weiß nicht mehr, ob sie ins Krankenhaus im Krankenwagen gefahren wurde, oder erst heim fuhr und sich um ihre Angelegenheiten gekümmert hat. 
Es ist eine längere Lücke in meiner Erinnerung und dann kommt ein Flickenteppich. Mehrfach wurde mir versucht zu erklären, was Krebs ist. Das Sternzeichen kannte ich und das Tier auch, aber die Krankheit war mir kein Begriff und verstehen konnte ich es trotz aller Erklärungen weiterhin nicht. 

Meine Mama war schlimm krank und alle waren äußerst besorgt und es ging gefühlt zu, wie in einem Bienenstock, deshalb durfte ich auch ins Ferienlager fahren. Ich wollte lieber meiner Mama beistehen, aber alle, inklusive sie selber, versprachen mir, dass es nicht schlimm für sie ist, wenn ich fahre und Spaß habe und sie würde sich darüber freuen, wenn ich Spaß haben würde und ich hätte hinterher viel tolles zu erzählen, also fuhr ich und ich hatte mittelmäßigen Spaß, weil es ein Lager von der Kirche war und der Pfarrer, der mitgefahren war, ein Kinderschreck war und wir immer Angst vor ihm hatten.

Ob das nun chronologisch alles so 100% stimmt, kann ich nicht beweisen, aber in meinem Kopf war es so.

Meine Mutter hatte den Krebs besiegt, alle freuten sich, aber nichts war wie vorher.
Kinder in dem Alter haben viel sich selber im Kopf und ich empfand meine Mutter zwar oft als müde und irgendwie blieb das Thema Krebs bestehen, jedoch ging mein Leben recht normal weiter.
Es kam eine Zeit, in der sie sich mehr um ihre eigene Familie, also Geschwister usw. bemühte. Wir trafen Tanten und Onkels, die ich noch nie gesehen hatte und es gab viele Telefonate. Der Grund wurde mir erst später bewusst. Sie recherchierte über unseren vererblichen Krebs. Wer hat es aus ihrer Generation bekommen? Wie erging es ihnen? Wer lebt überhaupt noch? 

Der Krebs blieb nicht weg.

Ich war etwas älter. Keine Ahnung wie alt genau. 10 vielleicht?

Begriffen was Krebs ist, hatte ich noch immer nicht so wirklich. Meiner Mama ging es wieder schlecht und diesmal wußte sie, was das bedeutet und man merkte es ihr an. Irgendwie war früh klar, dass alles nochmal viel schlimmer ist. Da ich ja das Nesthäkchen war und alles von mir fern gehalten werden sollte, habe ich bis heute keinen wirklichen Überblick.

Ich weiß, dass sie viele OPs hatte. Einige in unserer Heimatstadt, andere weiter weg, in Mannheim. Wenn sie dort war, war es besonders schlimm. Wir konnten sie kaum besuchen, weil es eine weite Fahrt war und dort soll es nicht gut zugegangen sein, denn ich hörte in vielen Gesprächen meines Vaters, wie schlecht die Verhältnisse dort sein sollen. Große Zimmer, wenig Aufmerksamkeit der Krankenschwestern, es gab viel Streit und Ärger damit und darüber. Ein Fernseher war auf dem Zimmer, aber der kostete viel Geld, ich glaube eine Mark die halbe Stunde oder so? Also brachte mein Vater unseren kleinen, roten, tragbaren Fernseher mit, aber damals hatte man noch Empfang damit, über Antennen und der war nicht so gut, was weiß ich. Es soll viel zu heiß und stickig im Raum sein, es sollte ein Ventilator her... menschenunwürdige Zustände... keine Ahnung.

Wenn sie in unserem Krankenhaus zuhause lag, war alles einfacher. Wir konnten immer hin und ihr Sachen bringen und sie verwöhnen, so gut es ging und sie konnte auch mal heim.

Sie war wenig zuhause und wenn, dann hatte sie Schmerzen und es ging ihr nicht gut und mehr als einmal wurde sie als Notfall mit dem Krankenwagen wieder abgeholt.
Ein ewiges hin und her und mein Vater, der mit uns Kindern nie viel anfangen konnte, war sehr überlastet, gab sich dennoch alle Mühe und ich machte es ihm nicht einfach. Ich habe noch zwei größere Geschwister, wie es ihnen ging, wie sie sich verhielten, weiß ich nicht mehr genau. Mir gegenüber toll, ich war ja die Kleine, aber meinem Vater gegenüber? Ich weiß es nicht.

Einmal stand eine große, entscheidende OP an, alles war wieder wie im Bienenstock, summte und brummte, totale Anspannung und die Nerven waren zum reißen gespannt, dann kam der Anruf, die OP sei überstanden, mein Vater dürfe kommen und er setzte sich alleine ins Auto, wir warteten zuhause, es sollte ja nur ein kurzer Besuch sein. Es war ein trüber, grauer, verregneter Tag und wir blieben zurück und warteten, noch immer, total angespannt auf Nachrichten. Sie war im Mannheimer Krankenhaus, da fährt man eine Weile, aber dann kam der Anruf von meinem hysterisch lachendem Vater. Er hatte einen Unfall, ihm war nichts körperlich passiert. Er fuhr wohl bei dem Regen zu schnell und geriet durch Aquaplaning ins schlingern, auf einer Brücke, rammte mehrfach die Leitplanke und wäre fast mit dem Auto abgestürzt, aber nur fast! 
Er kam also nicht bei meiner Mutter an, sondern fuhr, womit weiß ich nicht, heim.

Das war für alle schlimm, aber mir wurde nur nochmal bewußter, wie schnell sich alles verändern kann.

Ich weiß nicht mehr wann ich genau begriff, dass meine Mutter sterben würde.
Mehrfach hatte ich es leise gehört, für meine Ohren nicht bestimmt und gedacht, ich würde es nicht mitbekommen, ausgesprochen. Keiner sagte klar und deutlich, dass es passieren würde, immer nur "Sieht nicht gut aus..." "Nur ein Wunder kann helfen..." "Wird es wohl nicht schaffen..." "Bei der letzten OP, hat man sie einfach nur wieder zu gemacht, alles war voller Krebs und vereitert..."

Erwachsene denken wirklich, dass Kinder beschränkt sind.

Das Krankenhaus in unserer Stadt war für mich erreichbar, ich konnte alleine hin und das tat ich auch. Jeden Tag, wenn es ging und das war oft der Fall. Ich saß da, sie schlief viel, ich langweilte mich, wollte aber für sie da sein.
Ehrlich gesagt, ich war die totale Nervensäge glaube ich.
Ich konnte nichts tun, da war diese Hilflosigkeit, aber ich wollte für sie da sein und sie? Wahrscheinlich wollte sie nur ihre Ruhe, war unermesslich müde und konnte mir ja schlecht sagen, dass ich gehen sollte.
Klar bekam ich Hinweise von allen Seiten, dass ich doch mal was mit meinen Freunden machen soll, dass ich mal ins Schwimmbad soll, was auch immer, aber ich wußte es in kindlicher Dummheit ja besser, nämlich, sie brauche mich und ich muss verfügbar sein.

Ich glaube, es war fast ein Jahr lang so, dass sie kaum zuhause war, kleine Besuche für ein Wochenende oder so, mal ein paar Stunden hier und da, aber nicht länger, da war ich 11/12 Jahre alt und recht selbstständig geworden.

Es funktionierte halt irgendwie.

Vorher war meine Mutter die fürsorglichste Person, in meinem Leben. Sie hatte immer fantastisch und aufwändig gekocht. Ein Mittagessen war oft ein kleines Festmahl und wenn ich zwischendurch um etwas zu Essen bat, machte sie mir sehr oft Griesbrei, weil ich den so mochte, aber nicht einfach mit Milch, Gries und Zucker, nein sie schlug ein Eiweiß auf und hob es unter, damit er so schön fluffig wurde.
Sie hatte sich immer um alles gekümmert, sogar unsere Zimmer aufgeräumt, wenn wir es nach zig Ermahnungen nicht getan hatten.
Mein Vater war da schon anders gestrickt, der schmiss dann mal Spielzeug aus dem Fenster, weil wir nicht aufgeräumt hatten, oder schrie oft herum, was aus meiner heutigen Sicht auch sehr deutlich seine Hilflosigkeit zeigte und seine Überforderung.

Aber der Unterschied war eine harte Umstellung.

Wohl behütet aufgewachsen und dann auf sich alleine gestellt. 

Umso schlechter es meiner Mutter ging, umso eher schaute ich mich dann doch wieder nach anderen Dingen in meinem Leben um, denn auch ich begriff irgendwann, dass ich ihr nicht gut tue, wenn ich da Tag ein, Tag aus herum sitze und beim Schlafen zusehe, also traf ich mich mit Freunden und besuchte sie weniger.

Es war irgendwie, als würde sie immer mehr verblassen, in ihrem verwelkendem Körper verblassen, als würde ihre Seele langsam abbauen und verschwinden.

Sie nahm ab, wurde grau und eingefallen, schlief fast nur noch und wurde immer weniger.

Mein schönstes Erlebnis damals war, als sie wieder eine schlimme OP hatte, ich weiß nicht mehr welche es war, aber es war eine große und sie lag auf der Intensivstation und es gab zwei Probleme.
Erstens, sie lassen Kinder im dem Alter eigentlich nur ungerne auf die Intensivstation. Ich weiß nicht ob das noch so ist, aber es war ein großes Thema.
Zweitens, ich kann kein Blut sehen. Damals noch schlechter als jemals, kippte ich nahezu sofort um, wenn ich Blut sehen muss.

Was machten sie?

Sie gaben mir Anweisungen, dass ich am Besten auf den Boden schaue und mich nicht, auf dem Weg zu meiner Mama groß umsehe und deckten in ihrem Zimmer alles ab.

Als ich rein kam, passierte es. Sie sah mich und sie war ja an total vielen Geräten angeschlossen und das Piepsen wurde schneller, weil sie sich so freute mich zu sehen.

Das war mit unser letztes schönes Erlebnis, für mich jedenfalls.

Leider lagen leere oder volle Blutkonserven auf dem unteren Fach eines Rollwagens und bevor ich umkippe, werde ich recht blass, also brachte man mich schnell wieder raus.

Das andere prägende Ereignis war an einem späteren Tag.
Ich war nur selten mit meiner Mutter wirklich alleine. Entweder waren wir in ihrem Zimmer und es waren andere Patienten mit und ohne Besuch da, oder eben meine Geschwister oder mein Vater, aber dann ergab sich ein kleiner Moment. Wir waren auf dem Weg runter, ich weiß nicht ob wir spazieren im Krankenhauspark gingen, oder ins Café runter, jedenfalls hatte sie (vielleicht vorsätzlich?) etwas vergessen und mein Vater sollte es kurz holen. Nur sehr ungerne ließ er uns alleine vorm Aufzug stehen, aber er tat es und meine Mama nahm mich in den Arm und erklärte mir, dass sie sterben muss und das das ihr das sehr leid tut, aber sie nichts tun kann und dass sie nur einen Wunsch hat, dass sie möchte, dass ich trotzdem gut weiter mache und ja auf meine Noten in der Schule achten soll, damit etwas aus mir wird. Es war nur ein kleiner Moment, weil mein Vater schnell zurück war, aber ein sehr wichtiger.

Sie starb, da war ich einige Tage, fast eine Woche nicht bei ihr gewesen.
Sehr, sehr, sehr viele Jahre hatte ich mir Vorwürfe gemacht, genau aus dem Grund. Ich hatte mit ihr telefoniert, aber ich war nicht da gewesen. Warum? Weil sie so verblasst war und ich nicht mehr hinsehen konnte.
An dem Tag war ich mit meiner Freundin bei einem Ausflug. Ich schaute auf die Uhr und sagte zu ihr: "Ich glaube, meine Mama wird Silvester nicht mehr erleben." und gedacht hatte ich mir: "Ich glaube, meine Mama wird Weihnachten nicht mehr erleben." Es war der 18.12.

Wir kamen bei ihr an, sie wohnte nicht weit von mir weg und ihre Mama sagte, mein Vater habe angerufen und ich solle heim kommen, aber ich wußte es schon.
Ich fuhr mit meinem Rad heim, ich wußte es aber und ich wußte nicht, wie ich damit umgehen soll.

Die Zeit danach war schlimm. Aus anderen Gründen schlimm als viele denken würden.
Ich weiß nicht wie es dazu kam, aber so viele Menschen kannten meine Mutter und so oft wurde ich angesprochen. Jeder sagte, es tue ihm so leid und ich dachte jedes mal: "Du hast doch keine Ahnung!"
Gefühlt hatte keiner eine Ahnung von dem, was in mir los war, außer meine Familie.

Ich war ein Mama-Kind von klein auf. Ich hielt immer mit ihr Händchen, auch als ich schon groß war. Ich schrie mehr als eine Woche durch, als ich in den Kindergarten mußte. Meine Mutter war der wichtigste Mensch in meinem Leben und wie konnten diese ganzen Menschen behaupten, es täte ihnen leid?

Aber die Welt dreht sich weiter, die Zeit vergeht und man wächst an seinen Aufgaben.

Mir wurde erklärt, dass es vererblich ist, wobei der Arzt sagte, wahrscheinlich habe ich es nicht, aber ich solle doch lieber ab 15 Jahren zur Kontrolle gehen.

Ab 15 Jahren, in einem zerrüttetem Leben, in dem der Vater nach dem Tod der Mutter, sich lieber eine Freundin nach der anderen suchte und immer seltener zuhause war und irgendwann einmal die Woche zum Einkauf vorbei bringen kam und den Rest der Zeit lieber sonst wo blieb. Wobei, wenn er streit mit seiner Freundin hatte, dann war er plötzlich doch zuhause, unausstehlich, mies gelaunt und auf einmal mit Regeln, die man befolgen sollte.

Das funktionierte nicht, natürlich nicht, wie auch?

Die Tatsache war, dass ich mich nicht an den Rat meiner Mutter hielt. Ich hätte gerne, ich konnte nicht.

Mit 15 dachte ich an vieles, nicht aber an irgendwelche Untersuchungen. Ich war eher am totalen eskalieren.

Mit 12 hatte ich angefangen zu rauchen, mit 13 war ich das erste mal besoffen, mit 15 war ich schon xfach bekifft gewesen, wohnte nicht mehr zuhause, sondern in einem Heim und war auch dort kaum anzutreffen, weil ich quer durch Deutschland trampte.

Es begann eigentlich damit, dass mein Vater und ich Streit hatten. Er war glaube ich mal wieder zurück von seiner Freundin und ich hatte meine Wäsche ewig nicht mehr gewaschen und sollte zuhause bleiben und waschen, aber meine Freundin wartete vor der Türe, also bot ich an, dass ich sie in die Maschine stecke und nach einer, zwei Stunden zurück bin und sie dann in den Trockner stecken würde und er glaubte mir nicht, dass ich wirklich in der Zeit zurück kommen würde und die Waschmaschine dann ewig belegt sein würde. Darüber stritten wir so heftig, dass ich ihn Arsch oder so nannte und er gab mir links und rechts eine Ohrfeige, dummerweise aufs Ohr und ich stand da, plötzlich fast taub und konnte es nicht fassen. Ich ging direkt zum Arzt, nur ein paar Meter weiter. Er konnte kaum was sehen, da die Gehörgänge zugeschwollen waren, aber da ich kaum was hörte usw. vermutete er Löcher im Trommelfell, was sich später auch bestätigt hatte. Der Arzt war "toll" und fragte noch, wie das passiert sei und als er hörte, dass es mein Vater war, meinte er nur: "Er wird wohl seine Gründe gehabt haben..."

Meine Freundin hatte eine bessere Idee.
Ich ging heim, mein Vater begrüßte mich mit der Frage, wie es mir ginge und auf meine Antwort, dass er mir die Trommelfelle kaputt gemacht habe und es scheiße weh tat, meinte er nur: "Na hoffentlich!".
Ein paar Sachen packte ich mir ein und dann fuhr ich mit meiner Freundin zu ihrer Oma, die gab ihrer Enkelin noch was Geld vom letzten Geburtstag, den sie gehabt hatte und damit kauften wir uns ein Wochenendticket der Bahn. Damals galt es noch fürs gesamte Wochenende!

Wohin wir wollten?
Keine Ahnung, so weit weg wie möglich und da ich in Konstanz aufgewachsen war, ging es hoch in den Norden.
Wir kamen nicht weit.
Augsburg HBF.
Irgendwie traurig, so große Pläne und dann?
Dort strandeten wir, weil zwischen 2 und 4 Uhr nichts fuhr.
Ein Mann hatte die Polizei alarmiert.
Dann kamen wir dort ins Heim, weil man ja irgendwo mit uns hin mußte erstmal und man rief noch nachts meinen Vater an und wollte ihm sagen, dass ich aufgegriffen wurde. Seine Reaktion? "Mir doch egal, die kann mich mal am Arsch lecken!"
Wir blieben dort einige Tage, da wir ja nichts hatten, mußte man erst organisieren, wie wir zurück kommen könnten und bei mir stand aus, wohin zurück. Am ich glaube nächsten oder übernächsten Tag kam ein Betreuer zu mir und meinte, mein Vater sei am Telefon. Ich ging dran und sagte: "Du kannst mich mal am Arsch lecken!" und legte auf.
So kam ich ins Heim und von da aus ging es dann regelmäßig mit der Bahn oder dem Daumen nach sonst wo in Deutschland.
An Untersuchungen war also nicht zu denken und hatte der Arzt nicht gesagt, dass ich es wahrscheinlich eh nicht haben würde?

Ich hatte eine sehr wilde Jugend und ich bin wirklich froh, dass mir nichts passiert ist. Ich wurde nie vergewaltigt oder misshandelt, als ich unterwegs war, statt dessen traf ich tolle Menschen und hatte viel erlebt. 

Mit der Krankheit ging es viel später erst weiter.

Ich habe eine Nadelphobie die so ausgeprägt ist, dass ich damals lieber verblutet wäre, als  mich pieksen zu lassen. Ernsthaft, nach meiner ersten Geburt mußte ich genäht werden und statt dessen diskutierte ich ewig mit den Ärzten, dass mir alle Konsequenzen egal sind und ich mich nicht nähen lassen wollen würde, obwohl ich aufgerissen war und blutete wie sonst was.
Übrigens, ich wurde doch genäht, keine Ahnung wie, wohl am ehesten, weil ich nicht weglaufen konnte.

Natürlich hatte ich die Option von Krebs dauerhaft im Kopf. Immer und immer wieder dachte ich daran, dass ich Krebs haben kann, aber die Angst vor Nadeln war so unermesslich groß, dass ich dennoch nicht zum Arzt ging. Nicht einmal zu einem Gespräch darüber.

Über die Jahre kam heraus, dass es meine Schwester hat und sie mußte operiert werden und das war dann noch so eine Horrorgeschichte, die mich eher davon abgehalten hat zum Arzt zu gehen.

Bis ich Durchfall bekam. Bis ich dann noch Blut im Stuhl hatte. Bis die Angst so groß wurde.
Ich ging also mit blutigen Durchfällen zu meiner Hausärztin und erklärte ihr alles. Sie war toll, eine echt mitfühlende Person und hatte Pipi in den Augen und erklärte mir wieder wie wichtig es ist, dass ich untersucht werde und wußte aber auch, wie groß meine Angst vor Nadeln war.
Erst einmal mußte ich nur eine Stuhlprobe abgeben, aber sie überwies mich an die Gastroenterologie. Durch Zufall geriet ich an eine, die sie kannte scheinbar, denn nachdem bei mir Salmonellen diagnostiziert wurden, ging es ganz schnell.
Fun Fact: Ich hatte meinen Kindern immer gesagt, sie sollen den rohen Teig nicht naschen, wegen Salmonellen und meine Jüngste hatte Geburtstag, ich habe war ihren Kuchen am Vorbereiten, leckte nur einmal heimlich am Teig und zack! Salmonellen!!!

Die Gastroenterologin hatte mit dem Krankenhaus gesprochen und einen Plan für mich erstellt. Keine Ahnung wie sie es schaffte, ich bin ihr bis heute unendlich dankbar, aber es lief toll ab! 

Ich war noch so eingeschüchtert von der Angst Krebs zu haben, mit dem Blut im Stuhl, dass ich zu meinem Termin im Krankenhaus erschien und erst einmal dachte ich, ich würde das nie im Leben schaffen und total verängstigt saß ich im Wartebereich und schon schoß eine ältere, robuste Krankenschwester rein und hakte mich unter ihren Arm und zog mich mit und auf dem Weg in mein Zimmer erklärte sie mir, wie ich das Abführmittel zu nehmen habe und dass das alles nicht so schlimm sei und ich das schon schaffen würde.
Sie rauschte mit mir durch den Gang, ich wußte nicht wie mir geschieht und war total überrumpelt und im nächsten Moment saß ich auch schon auf meinem Bett und war angekommen.
Ich litt Höllenqualen, als mir der Zugang gelegt wurde, das war ja der große Moment, vor dem ich so viel Angst hatte, der Rest danach war mir eigentlich egal, ich würde ja schlafen, aber diese eine Pieks! Und ich hatte noch was im Kopf. Wenn ich die Untersuchung machen würde, der Arzt sagte ja, ich habe es wahrscheinlich nicht, meine Schwester hatte es schon, dann würde ich es wahrscheinlich wirklich nicht haben, aber nach der Untersuchung hätte ich meine Ruhe und Sicherheit und dann hätte ich schriftlich, dass ich das nie wieder machen müsste!

Als die Nadel im Arm saß, war für mich ja wirklich alles in Ordnung. Das war meine größte Angst gewesen, der Rest war nicht so schlimm.
Am nächsten Tag kam ich also zur Darmspiegelung und ich war zwar nervös und hatte vor der Untersuchung etwas Angst, aber nicht so viel, es war ok. Sie spritzten mir das milchige Zeug rein, ich sollte langsam zählen, ich war weg.

Ich wurde langsam wach, konnte erst nur Stimmen hören:
"Ja alles voll, da muß man was machen."
"Zu viele, können wir jetzt nicht erledigen."
"Dauert noch was, schauen Sie da mal."

Ehrlich gesagt reagierte ich recht hysterisch und fragte aufgebracht, ob ich es etwa habe?
Da bekam ich die nächste Dosis und glitt wieder weg.

Ich wachte im Zimmer auf und wußte es eigentlich schon. Trotzdem fragte ich direkt nach einem Arzt, der mir alles bestätigte.

Für mich brach eine Welt zusammen.

Ich hasste Krankenhäuser.
Ich konnte mich nicht pieksen lassen.
So begann mein persönlicher Horrorfilm.
Aber ich hatte den tröstenden Gedanken, dass ich nach der Darm OP meine Ruhe haben würde. Keiner sagte mir, dass ich einmal im Jahr zur Kontrolle muss und dass nicht nur der Dickdarm Polypen bekommen kann und was da noch für ein Rattenschwanz mit dran hängt.
Vielleicht war das besser so, ich weiß nicht, wie ich sonst reagiert hätte.

Man macht an der Stelle, selbst wenn es tausende und millionen Polypen im Dickdarm gibt, einen Gentest.

Das Ergebnis dauert im Schnitt 6 Wochen, erst dann plant man die OP.

Ich hatte Glück, ich meine echt großes Glück! Wäre die Gastroenterologin nicht so auf mich eingegangen und hätte dem Krankenhauspersonal irgendwie begreiflich gemacht, wie groß meine Angst ist, dann wäre ich nicht hin gegangen, oder wäre wieder abgehauen, aber da griff jedes Rädchen ins nächste und Schwester D., die wie ich später erfuhr, im Nachbarhaus von mir wohnte und eine ganz bezaubernde Person ist, die mich so schwungvoll ins Zimmer befördert hatte, die war auch ein sehr wichtiges Rädchen gewesen.

Der Darm wird nach der Entnahme nochmal angeschaut und mir wurde erklärt, ich hätte die OP keine zwei Wochen später haben dürfen, dann wäre es wahrscheinlich schon Krebs gewesen, weil ein, zwei Polypen sich verändert hatten. Ich sage ja, es war großes Glück.

Die weiteren Untersuchungen waren damals kein Thema. Ich wurde entlassen und versuchte mit ohne Dickdarm klarzukommen. Ich hatte einen Restdickdarm und der betrug so etwa 12-15cm Länger und mußte alle 3 Monate kontrolliert werden.

Alle 3 Monate!

ALLE 3!!! Monate!!!

Was bedeutete das?
Alle drei Monate abführen, ins Krankenhaus, aber ambulant, Rohr in den Hintern, knips hier und da, eine oder zwei Wochen abwarten für die Ergebnisse.
Das war mein neues Leben.

Dabei wurde übrigens auch nicht erwähnt, dass ich weitere Kontrolluntersuchungen brauche.

Bei einer der Rohr-glotz-Aktionen fanden sie an einer ungünstigen Stelle einen Polypen, der auch schon ein wenig gewachsen war und raus mußte, aber das würden sie ja gerne in einer kleinen OP machen, denn es sei ja, wie gesagt, eine ungünstige Stelle und könnte weh tun.

So, mal ein paar Fakten.
Ich hatte die Einschulung meines mittleren Kindes verpasst, weil ich Salmonellen hatte.
Ich mußte diese kleine OP, man kann es nichtmal OP nennen, machen lassen. Es sei eigentlich wie die Rohr Untersuchungen, nur dass es eben schmerzhaft sei an der Stelle, also kein Ding, ich dürfte eigentlich am gleichen Tag heim, aber wegen der Gefahr von Nachblutungen sagt man, lieber eine Nacht da bleiben. 
Also wie entschied ich mich? Ich sagte, ach machen wir so schnell wie möglich! 10 Tage vor der Einschulung meines Nesthäkchens ist kein Thema, ist ja nur ein kleiner Polyp der abgetragen werden soll.
Ich kam also an dem Morgen als erste in den OP und war guter Dinge.
Danach hampelte ich schon im Bett herum, mir ging es super und ich nahm an, es sei wie es erklärt wurde, ja nur ein kleiner Polyp angeknipst worden, an einer doofen Stelle.
Ich saß meine Zeit ab und mampfte am nächsten Morgen ein Brötchen und mein Mann war schon da, um mich abzuholen, als ich mal eben einen gigantischen Schwung Blut verlor.
Wir reden hier von zwei Ärzte kommen rein gestürmt und legen mir gleichzeitig einen Zugang auf jeder Seite, weil es vielleicht gleich schnell gehen muss. Ich lag da, heulte Rotz und Wasser, weil mir die Zugänge gelegt werden mußten und wurde in den OP gebracht. Weil ein Polyp an einer doofen Stelle abgetragen werden mußte?!?
Keine Ahnung was die gemacht hatten, aber das ist mir bis heute unbegreiflich und passt nicht zusammen.
Not OP, sehr viel Blut verloren, zwei Wochen Krankenhaus, letzte Einschulung auch noch verpasst!

Ich hatte in der Zwischenzeit noch so einige Probleme.
Mal eine akute Bauchspeicheldrüsen Entzündung, dann dauernd die alle 3 Monate Untersuchung und irgendwas war immer.
Ich bat darum den restlichen Dickdarm zu entfernen.
Man macht dann aus dem Dünndarm einen Sack, J-Pouch genannt, wer googeln möchte, und ersetzt damit den Mastdarm.

In der Zwischenzeit hatte mir irgendwann mal wer dort gesteckt, dass ich einmal im Jahr eine Magenspiegelung brauche, ich glaube das war nach der Bauchspeicheldrüsenentzündung und es wurde sich noch gewundert, dass ich das nicht wisse... woher denn?!?

In Wahrheit braucht man nicht nur die, sondern auch eine Schilddrüsenkontrolle und ein MRT wegen Desmoide (googeln wer mag, ich bin faul und mag es nun nicht erklären). 

Der Arzt riet mir davon ab, die Risiken seien so groß und ich würde wohl auch ein vorübergehendes Stoma brauchen, aber mir war alles lieber, als diese 3 monatigen Kontrollen und dass nochmal so ein komisch gewachsener Polyp auftreten würde, zumal selbst meine Hausärztin nicht wußte, was da schief gelaufen ist.

Ich bekam die OP und muß sagen, es war die richtige Entscheidung, auch wenn nicht alles nach Plan lief.

Der restliche Darm kam raus, aus dem Dünndarm wurde der kleine Beutel geformt, ich wachte mit einem Stoma auf.

Bei meiner ersten OP hatten sie alles über den Bauchnabel operiert. Nennt sich Sils- Technik oder Schlüssellochtechnik und ist ein ganz spannendes Thema, hinterlässt keine Narbe und man ist schneller wieder fit.

Leider neige ich zu extremen Verwachsungen, weshalb diesmal ein kleiner Bauchschnitt nötig war, aber mein Arzt, den ich über die Jahre richtig lieb gewonnen hatte, hat mir eine traumhaft schöne Naht verpasst!
Sie war so zart, dass sie sicher nicht mehr sichtbar sein würde nach ein paar Jahren.

Nach der OP war ich fertig.
Ich meine, so richtig körperlich fertig.
Eigentlich wohnte ich Fußweg 5min zum Klinikum, aber den Heimweg schaffte ich kaum.
Nun hatte ich sechs Wochen Zeit um mich etwas zu erholen und das ist der frühste Zeitraum, um das Stoma zurückzuverlegen.
Ernsthaft, ich habe am Tag als die 6 Wochen rum waren, wieder im Krankenhaus eingecheckt.

Das Stoma als solches war wirklich praktisch! Davor mußte ich häufig auf die Toilette und traute mich nicht so viel raus, weil ich quasi immer im Kopf haben wollte, wo die nächste ist und mit Stoma war das kein Thema. 
Nachteil war, dass ich zu empfindliche Haut hatte und schnell Reizungen bekam und während der Zeit im Bauch unsagbar große Schmerzen. Nach der Rückverlegung wußte ich auch woher.

Eine Rückverlegung ist ein kleiner Eingriff genau genommen.
Man hat ja schon ein Loch im Bauch. Also nimmt man den Darm, der raus schaut, schließt das Loch das darin ist, steckt alles in den Bauch zurück und je nachdem, wird das Loch im Bauch geschlossen, oder man zieht es nur ein wenig zu, wie eine Kapuze und lässt es von alleine zuwachsen, in der Zeit steckt man ein wenig Mull rein und klebt es mit einem kleinen Verband zu.

Kein Ding, oder?

Außer es geht wieder was schief.

Zum Beispiel, weil man einen anaphylaktischen Schock bekommt und die Ärzte große Probleme haben, das in den Griff zu bekommen und zusätzlich dann bemerken müssen, dass die Verwachsungen so schlimm waren, dass man eben nicht über das Loch im Bauch operieren kann, sondern den Bauchschnitt wieder öffnen muß, aber diesmal ein Stück weiter, sagen wir mal vom Bauchnabel bis ins Schamhaar runter und dann, weil alles ja so schrecklich schief ging, klammern wir das Ganze einfach zu!

Zack, hat man einen Frankensteinbauch, wacht nicht wie geplant auf dem Zimmer auf, sondern im Aufwachraum und es ist zu viel Zeit vergangen und die Schwestern tuscheln um einen herum und wollen nichts sagen und der Mann wird auch nicht angerufen, wurde auch nicht benachrichtigt und keiner wußte, wo ich war und konnten ihm nichts sagen.

Aber als wäre das nicht genug, bekommt man dann noch am übernächsten Tag, wenn es einem eigentlich ein wenig besser geht, nachts Blutungen und verliert mal eben mind. die Hälfte vom Blutvolumen. Aber es wird abgewartet und alle 30min. kontrolliert und gehofft, dass es vorbei geht und ein Ultimatum wird gesetzt, wenn es bis Mittags nicht aufhört, dann gibt es eine Not OP, aber es hörte auf und dann lag ich wieder zwei Wochen und ich lag wortwörtlich, denn aufstehen durfte ich über eine Woche gar nicht und sitzen auch anfangs nicht und immer wieder Blutkontrollen und eine Transfusion lag schon bereit, falls mein Kreislauf doch noch schlapp macht, aber mein Körper ist wundervoll und hielt durch, auch wenn das kein Spaß war und ich sehr unter Kopfschmerzen litt und zu gar nichts in der Lage war.

Danach dachte ich, ich hätte Ruhe und ich brauchte wirklich lange, etwa ein Jahr, bis ich wieder fit war. Dann die Ernüchterung.
Da ist eine Zyste auf dem Eierstock, die ist aber zu groß und da schwimmt was drin, da sollte man mal genauer schauen.
Es gibt Anzeichen, wenn eine Zyste nicht nur eine Zyste ist, sondern sich ein Tumor bildet und davon gab es bei mir einige.
Das Klinikum meinte, eine OP ist ein zu großes Risiko, aber da bisher hier einiges nicht so dolle lief, holte ich mir eine zweite Meinung ein. Größeres Krankenhaus, eine Koryphäe im Bereich Gynäkologie, der meinen Bauch ganz spannend fand. 
Es wurde die Zyste in zwei verschiedenen Abständen untersucht und ja, sieht nach einem Tumor aus, aber man solle ganz genau schauen, die Gebärmutter ist auf dem Bild auch nicht so toll.
Wieder eine große OP, die Gebärmutter kommt raus, die Zyste war ein gutartiger Tumor, aber der andere Eierstock kommt raus, der letzte kleine Eierstock, spätere Ultraschallbilder reden von 2-2,5mm wird am Bauch festgenäht, das Stoma war nicht richtig innendrin zugewachsen und wird noch zusammen genäht und die Frankensteinbauchnaht wird einfach mal abgeschnitten und frisch und schön zusammen genäht!
Ich war ehrlich gesagt danach glücklich. Das Stoma Loch gestopft, Bauch sah schöner aus, nicht mehr verhüten müssen, perfekt!
Ok, ich lasse weg, dass ich davor eine Sterilisation hatte und ich meine wirklich ein halbes Jahr davor. Das frustriert mich bis heute.

Das waren aber alle meine OPs und seit dem, keine mehr!
Ok, klar muss ich einmal im Jahr zur Kontrolle und dann wird auch immer was gefunden, aber man kann die kleinen Polypen ja schon bei der Magenspiegelung mit abtragen und merkt nichts davon und mein Pouch hat keine Polypen und im Magen, da gibts auch welche, aber die wachsen da übrigens kaum, weil das Klima schlecht ist.

Später kamen noch andere Baustellen in mein Leben, wie meine Migräne, die nun auch einen wichtigen Platz in meinem Leben hat, aber das ist ja nicht mit pieksen verbunden und da, da habe ich Fortschritte gemacht!

Anfangs war es eine Höllenqual für mich und selbst Beruhigungsmittel halfen nicht und vor meiner Diagnose hatte ich eine Therapie gemacht, die half mir wenigstens, dass ich nun nicht mehr bei Blut und Nadeln ohnmächtig werde, aber als es um Akupunkturnadeln ging, erschien ich nicht mehr.
Was war meine Lösung?

Emla Pflaster!

Ich kann es nicht oft genug sagen!
Traumhaft!

Man klebt sich diese Betäubungscreme drauf und wartet mind. eine Stunde und zack, spürt man nichts mehr!
Das nahm mir so sehr die Angst, dass ich ab und zu keins brauche.

Einen Zugang bekomme ich mit Pflaster lieber gelegt, aber es geht notfalls auch ohne und bei einer Blutabnahme verzichte ich fast immer darauf!

Meine Angst ist nicht weg, aber kleiner, viel kleiner und ich habe nur noch eine schlaflose Nacht davor, nicht mehr eine ganze Woche oder sogar zwei.

Und weil mein Eintrag so emotional startete, werde ich ihn auch so enden lassen.

Ich hatte damals die schwerste Zeit meines Lebens, ich meine nach meiner Diagnose und ich war wirklich oft am Verzweifeln und wußte nicht weiter, aber ich hatte meine Kinder, die ich unterstützten wollte, für die ich da sein wollte und sie sollten möglichst nichts merken.

Als es begann, wurden sie eingeschult, waren also 6/7 Jahre alt und jünger. Ich versuchte die happy Mama zu geben und ihnen ein schönes Leben zu machen und mir nichts anmerken zu lassen, aber ich hätte so dringend eine Person für mich gebraucht.

Das war mein persönlicher Horrorfilm, der einige Jahre lief und in den Jahren hätte ich jemanden gebraucht, der für mich da ist und mich unterstützt.

Ich hatte tolle Freundinnen, die haben sich rührend um meine Mädchen gekümmert und ich bin bis heute unendlich dankbar, aber der eigene Vater, der war ein Totalausfall.
Umso kränker ich wurde, umso kränker wurde mein Mann. 

Als ich meine Diagnose bekam, ging er damit hausieren. Ich wollte es eher geheim halten, er erzählte es sogar fremden Menschen.

Gingen wir nach meiner OP essen, erzählte er dem fremden Kellern, dass ich keine Kohlensäure vertrage, weil ich keinen Dickdarm mehr habe, weil ich krank bin.
Solche Momente gab es viele.

Lag ich im Krankenhaus, war er zu nichts mehr in der Lage. Er machte den Haushalt nicht, versorgte die Kinder nur halbherzig, jammerte aber permanent über die Situation.

Meine Kinder kamen mich entweder gar nicht besuchen, weil er es zeitlich nicht schaffte sie 5min zu mir zu bringen und sich was hinzusetzen, oder er brachte sie, ging dann aber, ließ sie bei mir und kam Stunden später erst zurück. In der Zeit habe ich am eigenen Laib erfahren, wie meine Mutter sich damals gefühlt haben muss, als ich nicht von ihrer Seite gewichen bin. Man möchte nur schlafen und Ruhe, aber da waren diese zwei kleinen süßen Mäuse, besorgt um ihre Mama und gelangweilt vom Krankenhauszimmer.

Ich ging regelmäßig heimlich vom Krankenhaus aus heim und putzte etwas zuhause, schaute ob sie Essen haben und stritt mich mit meinem Mann darüber.

Ich mußte immer die starke Person sein, egal wie es mir ging, mental und körperlich.

Es war so schon grauenhaft das alles zu erleben, aber wenn man dann noch diesen Glotz am Bein hat, der Aufmerksamkeit sucht und leidet und jammert, während man selber stark sein muss, ich weiß nicht wie ich das geschafft habe, aber es war immer für meine Kinder. Sie sollten nicht leiden, sie sollten es toll haben, sie sollten eine schöne Kindheit haben, weil man an die zurück denkt, sein Leben lang und davon zehrt! 

Mit Marcus (damals Mann, heute Ex-Mann), war es umso schwerer.
Von Krankenhausaufenthalt zu Krankenhausaufenthalt wurde es schlimmer. Nach der Stoma Rückverlegung brauchte ich sehr lange bis ich auf die Beine kam und ich konnte keine weiten Strecken laufen, dafür war jeder Laden ums Ecke eine kleine Eroberung. Mein erster Ausflug ging zum Bäcker, eigentlich nur 3min Fußweg, aber für mich war das ein Marathon und ich kam an und fiel in den Stuhl dort, ernsthaft mir war schwindelig und ich war außer Puste und die Bäckereifachverkäuferin, eine total liebe Frau, erzählte wie schlecht es meinem Mann doch geht und das zog sich, von Laden zu Laden und von Mensch zu Mensch, den ich traf. Überall erzählte er, wie schlecht es ihm, mit meiner Krankheit ging und ich hatte nicht einmal erzählt, dass ich überhaupt eine OP hatte, weil ich das nicht zum Thema machen wollte.

Er ging dann auch nicht mehr arbeiten, war zu krank, psychisch belastet usw.

Als ich die Nacht damals so schlimme Blutungen bekam und z.B. in einer Blutlache aufwachte, da meldete ich mich nicht bei ihm, weil ich dachte, dass er sich dann noch weniger, falls das möglich war, um die Kinder kümmern würde und schrieb statt dessen mit meiner Schwester, die die ganze Nacht für mich da war, trotz x Kilometern zwischen uns.

Ich hatte aber immer so kleine Etappenziele vor Augen.

Meine jüngste Tochter sollte älter sein, als ich damals war, als meine Mutter starb, also feierte ich ihren 13. Geburtstag umso mehr!

Oder als sie immer selbstständiger wurden und das Teenageralter erreichten und für sich selber kochen konnten und ich mir dachte, dass sie nun auch alleine leben könnten, wenn es zur Not sein muss.

Meine Mutter wollte mich immer aufwachsen sehen, Enkelkinder erleben, das waren so ihre größten Wünsche und es tut mir unendlich leid, dass sie das nicht kann, aber ich kämpfe für uns beide, damit wir es können, sie durch mich quasi und beobachte jedes Lebensjahr der Kinder gespannt, wie sie sich entwickeln und was ich alles verpasst habe.

Unsere Leben sind so unterschiedlich!
Das von meiner Mutter, das von meinen Kindern, ich dazwischen.

Meine Mutter ihre Mutter starb früh an FAP, sie kam ins Heim und ging dann ihren Weg, kümmerte sich aber nicht um die Vorsorge. Aus Unwissenheit oder Angst weiß ich nicht. Viele FAPler gehen aus Angst nicht zur Kontrolle und haben gerade dadurch dann einen großen Schaden, der verhindert werden könnte, aber ich verstehe es.

Meine Kinder wachsen so behütet auf, sind kleine Rentnerseelen, die keinen Unsinn machen und keinen Alkohol trinken, wobei meine Jüngste zum 16. nun mal was probiert hat, aber höchstens beschwipst war, die andere ist Abstinenzlerin. Sie rauchen nicht. Sie nehmen keine Drogen. Sie reisen nicht durch die Weltgeschichte und gehen immer zur Schule und ich bin unendlich dankbar dafür! 

Damals, nach dem Tod meiner Mutter, traf ich immer wieder Menschen, die fragten, ob ich nicht ihre Tochter bin und dass es ihnen so leid tut. Ich weiß sehr wenig über das Leben meiner Mutter, leider. Ich hatte nie die Zeit, in der man als erwachsene Menschen miteinander spricht. Ich weiß nicht, wie sie in der Welt da stand, aber ich weiß, wenn so viele Menschen sich an sie erinnern und weinen, wenn sie das tun, Menschen die sie nur grob und flüchtig kannten teilweise, dann muss sie ein toller Mensch gewesen sein und ja ich habe die Krankheit geerbt und ja ich habe gelitten, gelitten, gelitten und mich immer wieder aufrappeln müssen, aber ich mache das Beste daraus, versuche es jedenfalls und begleite nun aktiv andere FAPler mit unserer wundervollen Facebook-Gruppe und versuche jedem die Ängste zu nehmen, die der Auslöser waren, warum meine Mutter vielleicht eben nicht zur Vorsorge ging und hoffe, dass sie irgendwo stolz auf mich schaut und irgendwie doch mein Erwachsenwerden sah, ihre Enkelkinder beobachtet und sich denkt: "Na, sie ging nicht mehr richtig zur Schule, sie hat sich genau genommen nicht an das gehalten, um was ich sie bat, aber sie ging ihren Weg und hilft anderen damit und hat ihre Kinder toll groß bekommen, ich bin stolz auf sie!"
Das hoffe ich wirklich...

Und heute, heute ist der Tag, an dem ich einen Tag älter bin, als sie wurde und von Jahr zu Jahr verstand ich mehr, warum alle sagten, sie starb so früh!





Freitag, 8. Oktober 2021

Kürbiszeit!!!!

 



Letztens waren wir auf einem Herbstmarkt!

Überall standen Kürbisse herum und es gab so viele tolle Stände, mit noch viel mehr tollem Zeug!

Ich habe widerstanden und keine Wolle gekauft, weil ich noch so viel habe und bin da sogar stolz drauf :)

Auch habe ich nicht uuuunbedingt den Regenogenfantasieholzdruckbleistift haben mögen, nö nö!

Aber das Täschchen!!!!



Was für Stoff ist das?

Ich bin so restlos begeistert!!!

Leider weiß ich den Namen der Herstellerin nicht mehr, tut mir leid :(

An vielen Stellen auf dem Markt dachte ich mir: "Das kann ich ja auch!" Nähen, stricken, häkeln, malen, basteln usw. und dabei fiel mir auf, dass ich eine ganze Menge kann :)

Man darf ja schon auch mal ein wenig stolz auf sich sein :)



Es war auch ein Schmied vor Ort, der für Kinder Herzen aus Metallstangen heraus knüppelte. Die standen total fasziniert dabei und er erzählte und unterhielt sie, während er arbeitete. Das live schmieden kann man scheinbar mieten und er macht es mit schwer erziehbaren Jugendlichen, im Knast, in Anstalten und wo er sonst noch so hinbestellt wird. Toller Typ, tolle Geschichten, ich war ebenso fasziniert wie die Kinder :)




Es gab sehr viel kulinarische Auswahl von ortsansässigen Händlern, unter anderem Senf, Spirituosen, Fleischwaren, Schokozeug, extrem viel Mode, die wenig mit Ortshändlern zu tun hatte, ach was weiß ich, es waren jedenfalls viele schöne Stände da und ich habe den Weihnachtsmarkt schon fest im Blick!


Irgendwann bemerkte ich, dass viele Leute mit Tüten voller Äpfel herum liefen und als ich den Stand suchte und fand, war ich begeistert von einer Apfelsorte, die riesig waren! Die musste ich unbedingt haben und zuhause in Bratäpfel, gefüllt mit Marzipan und Vanillesoße dazu, umwandeln.

Die Punkte auf meinem Bild sehen was extrem aus, aber die Äpfel hatten so kleine winzige Pünktchen, kennt sicher jeder.




So und nun noch ganz wichtig! Luna, unsere Katze, lebt noch immer.

Ich schrieb lange nicht von ihr, aber ihr geht es gut, auch mit ihrem stolzen Alter von 13,5 Jahren!




Sie hat, bis auf dass sie oft mit ihren Krallen wo hängen bleibt, keine Anzeichen für ihr Alter und ist so fidel und zickig wie immer.

Ich bin so stolz, dass es ihr gut geht und so erleichtert. Sie begleitet die Kinder ja schon so lange, dass sie sich kein Leben ohne Luna vorstellen können. Aber die Kinder sagen auch immer, dass Luna über 100 wird und die älteste Katze der Welt wird und bleibt!

Weiter so, Luna!



Donnerstag, 7. Oktober 2021

Wäääh

 


Vorab, ich übe nach wie vor, siehe Bild oben!
Mein Sketchbild ist wirklich nicht gut geworden, aber wenn ich Bilder von anderen sehe, die nicht gut sind, freue ich mich insgeheim ein wenig, weil ich dann sehe, dass ich ja schon was gelernt habe und dass nicht jeder immer gut ist und deshalb zeige ich nun auch meins, obwohl ich es nicht gut finde.


 

Wenn man Fehler macht, kann man wenigstens noch daraus lernen. Also fangen wir mal an.


Der Hintergrund ist zu eintönig mit dem Rest vom Bild, dadurch hebt sich nichts so gut hervor. Es ist langweilig fürs Auge.

Bei der Superwoman Zeichnung habe ich voll ins Klo gegriffen, als ich meinte, ich könnte das Gesicht ja schnell mit dem Pinsel malen *würg!

Leider hat sich die Farbe dann ausgebreitet und wurde viel dicker, als ich wollte. Mit einem Faserstift wäre das nicht passiert. Mit Bleistift hatte ich ein wirklich tolles Gesicht gemalt gehabt, aber dann diese dumme Idee bekommen...

Es sieht einfach hingeworfen aus, zu wenig Struktur, es ist halt echt langweilig fürs Auge.

Also weiß ich, auf was ich das nächste Mal mehr achten werde!



  

Die Donutschnecke gab es wirklich! Leider sieht sie schrecklich auf meiner Zeichnung aus. Das war irgendwie echt nicht mein Tag...



Das erste Mal in meinem Leben sah ich so gestreifte, wahrscheinlich unreife Kastanien. Total faszinierend! Leider auf meiner Zeichnung total hmm ungeschickt dargestellt. Aber real ein kleines Wunder für die Augen :)



Dienstag, 5. Oktober 2021

Sketch my day

 


Es war Wahltag und danach gehts immer ab zum Konditor! Belohnung! Torte!

Ich habe bemerkt, dass man um Kalligraphie nicht herum kommt, also haben wir, zur Motivation, ein paar neue Federhalter bestellt und die Motorik wird meinen Bildern auch gut tun. Wenn ich mich mal dran setze...

Ich mag den Herbst totaaaaal! Tee, Duftlampen, gemütlicher Kuchen, zuhause bleiben können, Unwetter, Lesezeit, buntes Laub!



Letzten Herbst hatte ich mir schöne bunte Blätter (vom Baum gefallene) gesammelt und mit Mod Podge umhüllt. Das ist sowas wie Serviettenkleber. Hmm ähnlich wie flüssiger Lack? Dadurch bleiben die Farben zwar nicht perfekt, aber gut erhalten.

Im Frühjahr und Sommer habe ich durchgehend alle Fenster offen und Türen, so weit es geht, immer frische Luft, deshalb bringen Stövchen und Duftlampen wenig, aber sobald es kälter wird und man gerne mal lieber die Wärme drinnen behält, gehts wieder los! Teelichter raus, Stövchen her und rein damit!

Mein Tagebuchbild ist auch ganz gelungen, finde ich. Es harmoniert gut und ist ganz schön geworden :)



Sonntag, 3. Oktober 2021

Sonnenblumenliebe

 



Es ist schon etwas her, da war ich unterwegs, auf der Suche nach einem schönen Motiv und hatte diese herrlichen Sonnenblumen entdeckt!

Wer mag keine Sonnenblumen?

Gibts nicht, oder? Mag doch jeder!


Es ging mir weniger um den Hintergrund, deshalb habe ich ihn nur angedeutet und die Sonnenblume selber in den Vordergrund gestellt. Ihre langen gelben Blütenblätter, die wie Sonnenstrahlen in alle Richtungen abstehen und so schön leuchten!




Ich bin nicht so gut, wie ich gerne wäre, aber ich arbeite daran und das mit Freude!

Wird schon werden :)