Montag, 31. Mai 2021

Tagesurlaub

 




Ursprünglich mochte ich Bonn nicht so gerne.

Mag sein, dass einer der Gründe war, dass wenn man sagt, man sei aus Leverkusen zugezogen, man direkt hört: "Das ist ja so häßlich!" oder ähnliches. 

Mundtot mache ich so Leute dann gerne mit: "Ach, ursprünglich bin ich aus Konstanz!" und da sind selbst die neidisch drauf :)

Womit aber bewiesen wäre, dass es mir nicht wirklich auf die Stadt ankommt, in der ich lebe, denn jede hat ihre kleinen und reizvollen Ecken und Örtchen!

Leseratte erzählte mal etwas von einem Jungen, der häufig umziehen musste und sich weigerte die Straßennamen zu merken. Ein Symptom dafür, dass er sich zu oft umgewöhnen musste, allerdings auch, dass er die Städte nicht mochte.

Dabei fiel mir auf, dass ich genau so handle!

Ich weiß in welcher Straße ich wohne und ich weiß, wo ich hin komme, wenn ich da und da lang fahre und ich weiß wo ich hin muss, wenn ich an übliche Orte muss, wie zum Beispiel Ärzte, verschiedene Läden und so Zeug, aber die Straßennamen?

Ganz ehrlich, die weiß ich nicht.

Also nicht alle nicht, aber so gut wie keine.

Weil ich Bonn nicht mag, dachte ich.

Aber das ist auch nur ein Symptom, denn ich habe nicht einmal versucht Bonn zu mögen!

Da sitzt also die Leseratte neben mir und erzählt wie so oft, wie toll er Bonn findet und bei jedem, mit dem ich mich aus Bonn unterhalten habe, bekam ich die Info: "Ah, dann hast Du es ja nun endlich schöner!"

Nein?!?

Nein, ich habe in Leverkusen verdammt schön gelebt, finde ich!

Ich lebte am Wald, durch den ein kleiner Fluß läuft, in dem die Kinder planschen konnten und mein Hund baden ging.

Ich lebte nicht weit von einem kleinen Schloß entfernt, in dem ein Museum ist und das einen großen, wundervollen Park außen herum hat.

Ich lebte in einer Wohnung, die für eine Familie perfekt zugeschnitten war, weil eine Türe extra den Schlafbereich, von der Küche und dem Wohnzimmer abgegrenzt hatte, so dass man die Kinder nicht weckte.

Ich ging vor die Türe und hatte Gesprächspartner, weil die Nachbarn freundlich waren, die Verkäufer immer für einen Plausch zu haben und sogar die Busfahrer einen erkannten.

Meine Kinder wuchsen in der Bücherei auf, die ihr zweites Zuhause war und in der sie unendlich viele schöne Momente hatten.

Ehrlich gesagt, so gesehen gefällt mir Leverkusen  nach wie vor viel besser als Bonn, denn als ich mal wieder beim Arzt anstand (wegen Corona muss man ja draußen warten), unterhielt ich mich kurz mit einer Frau, die oh Wunder, auch zugezogen war und die die erste Frau war, mit der ich irgendwo wartend plauderte.

Ich kenne die Nachbarn aus dem Haus und natürlich Leserattes Freunde und Familie, aber sonst?

Man führt hier irgendwie nie Gespräche.

Und genau darüber ging die Unterhaltung mit der Dame, die auch zum Arzt musste.

Sie war zugezogen wie ich und sagte, was ich so vermisse, also diese kleinen Kontakte im Alltag, die gibt es in Bonn nicht. Dafür sind Bonner nicht so zu haben und das stimmt irgendwie.

Klar, wenn man sich x Jahre kennt, dann gibts vielleicht mal ein "Wie gehts?" zum Hallo, aber sonst?

Vor Corona saß ich über ein Jahr lang regelmäßig im gleichen Café, mit dem gleichen netten Herrn, dem das Café gehört und er war immer super freundlich, aber  ein Gespräch? Nein.

Wegen Corona lebte ich allerdings auch sehr isoliert, muss ich zugeben und so war ich letzte Woche das erste Mal seit laaangem zu Fuß unterwegs. Leseratte fährt mich überall hin, er mag nicht, wenn ich in Bus und Bahn unterwegs bin, seit es Corona gibt und dementsprechend kenne ich mich nicht wirklich in Bonn aus.

Er mußte aber arbeiten und ich wollte mir ein wenig die Zeit vertreiben und so ging ich einfach von der Innenstadt aus, wo ich etwas abgeben musste, los!

Es regnete fürchterlich und so waren wenige Menschen unterwegs, ich mußte nichts befürchten und hatte gute Laune im Gepäck.

Keine Ahnung wie, aber ich kam im "Botanischen Garten" an!

Wundervoll! So viele interessante Pflanzen und Wege, die viel Struktur aufweisen, wie zum Beispiel ein schmaler Gang, der etwas in die Tiefe geht, so dass man rechts und links Steinwände angebracht hat.

Dort hielt ich mich satte 2,5 Stunden auf und wollte langsam, über Umwege zurück, da ich noch Zeit hatte.

Bonn hat diese bezaubernden kleinen Häuschen überall, also das muss man schon sagen, die sind wirklich schön und jedes für sich genommen ein Kunstwerk.

Kleine Einkaufsstraßen, mit vielen kleinen unikaten Läden, sind auch typisch für Bonn, finde ich. Durch so eine Straße lief ich und fand einen französischen Konditor, der fantastische Torten hatte!

Man darf nicht darauf schauen, wie teuer er ist, denn der Genuss zuhause war es wert!

Ein paar Geschäfte weiter, eine Rösterei, also schnell noch frische Bohnen gekauft.

Dazwischen waren mehrere kleine Läden, mit allem möglichen Kram. Toll, einfach schön fürs Auge!

Dann verlief ich mich noch ordentlich und kam am Ende der Poppelsdorfer Allee raus. Das ist eine breite Wiese, mit einem Splittergehweg drum herum und Kastanien Bäumen, drum herum ist noch eine Straße für Autos.

Also von innen nach außen aufgebaut.

Die Allee führt von einem Schloß, in die Innenstadt und ist sehr praktisch, um sich zu orientieren.

Wunderschön!

Im Sommer ist rund um das Schloß extrem viel los, aber auch die Wiesen zwischen der Allee sind Studenten-Magnete und es ist ein großes Getummel. 

Als ich nun da war, regnete es allerdings :)

Dann lief ich zur Leseratte, hatte rund 15.000 Schritte gemacht und freute mich auf die Torte und den Kaffee!

Ironisch fand ich, dass ich in der Rösterei, wo nichts los war, wirklich gar gar gaaaar nichts los war, ein Gespräch zu führen und sofort wieder den Eindruck bekam, dass mein Gegenüber höflich ist, aber nicht wirklich interessiert.

So geht es mir hier sehr oft, leider.

Jedenfalls, das war ein wirklich schöner Tag und ich hatte eine neue, wundervolle Ecke von Bonn entdeckt, den botanischen Garten! Gar nicht so weit weg von unserem Zuhause.

Bonn liegt allerdings auch geografisch sehr ansprechend. Man hat es nach Köln nicht so weit, aber wenn man ein wenig Urlaubsfeeling möchte, muss man nur in Richtung Rheinland-Pfalz starten!





Das bemerkte ich, als bei Ebay Kleinanzeigen etwas verkauft wurde, was ich gerne haben wollte und ich nur auf die km Angabe geachtet hatte. Das war dann nicht sooo weit weg, aber wenn man die Strecke fuhr, kam es einem sehr weit weg vor!

Man fährt am Rhein entlang und hat diese kleinen Schlösschen und Berge um sich herum, das Wasser an der Seite, alles sehr ländlich und mich total an Süddeutschland erinnernd.

Unsere Eltern fuhren früher, als das Benzin noch bezahlbar war, regelmäßig ins Umland, also in die Berge und dergleichen. Daran erinnerte es mich.

Seit dem ersten Ausflug, erkundeten wir danach noch öfter die Strecke, bis wir nun am Wochenende einen richtigen schönen Ausflug hatten.

Wohin wir wollten, war uns nicht klar, nur wieder in Richtung Rheinland-Pfalz, diesmal ein wenig weiter, aber das muss man garnicht. 30min haben genügt und man fühlte sich wie in einem anderen Land!

Noch eben bei Rewe kalte Getränke und einen Salat besorgt, fuhren wir in Andernach zum Rhein. An mehreren Stellen gibt es Parkplätze, die wirklich direkt am Rhein sind, in Sichtweite, zu Fuß keine 2min.

Dort aßen wir im Auto, weil die Sonne so schön schien und wir gerne kühl und schattig futtern wollten. Danach gingen wir ein wenig am Rhein spazieren und setzten uns auf eine Bank.

Gegenüber Berge, vor uns der Rhein, über uns die Sonne. Perfekt!





Meckernde und schimpfende Gänse unterhielten uns und ein Hund ließ uns butterweich zurück. So ein niedlicher Schatz war das! Klein, raues Fell, sehr kompakt, mit Namen Cookie!

Die Besitzer waren mit einem befreundetem Paar unterwegs und Cookie rannte zwischen ihnen hin und her und blieb plötzlich bei uns sitzen. Er rieb sich sogar an Leserattes Bein, so gerne mochte er ihn!

Einfach mal wieder Sonne tanken, frische Luft, ohne Angst atmen und neue Dinge sehen, das gibt einem Lebensenergie und ist unbezahlbar.

Ich versuche, seit dem Gespräch über den Jungen, der nicht mehr umziehen wollte, mir mehr Mühe zu geben, mit Bonn.

Also die Straßennamen lernen, aktiv schöne Ecken finden, nicht zu Herzen nehmen, dass die Mentalität so anders ist, Torte kaufen :)